3 Tages Tour 2019

Selbstverständlich nicht zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte führte die diesjährige Ferientour in das Juragebirge. Dennoch waren die Strecken von Mathias so geschickt geplant worden, dass fast nur allen bisher unbekannte Strassen und Strässchen befahren wurden. Während die sieben Teilnehmer mit Velo (Toni, Mathias, Martin K., Martin N., Mäci, Thomas und Peter) rund 350 Kilometer und 7’000 Höhenmeter hinauf und auch wieder herunter absolvierten, hatte Röbi den härtesten Job. Er musste den ständig nach links und rechts abzweigenden Velofahrern mit dem Begleitfahrzeug auf den Fersen bleiben, und so manches Fahrverbot oder Naturstrassenstück beendete seine Versuche.

Tag 1: Uzwil/Olten – Balmberg –Binzberg –Saules-Delémont

Wie immer bildete ein Parkplatz den Startort für die Ferientour 2019, dieses Mal wurde derjenige beim Bahnhof Olten dafür auserkoren. Während Mathias mit seinem Skoda Vater Toni, Röbi, Martin K. und die ganze Fourage dorthin mitnahm, fuhren Martin N., Thomas und Peter im ICN Wagen 7 und Mäci im Wagen 1 an den Ausgangsort. Schnell waren Fahrer und Velos bereit, und das radelnde Septett schwang sich in den Sattel in ungefährer Richtung des ersten Höhepunktes, dem Balmberg. Nach einer Fahrt kreuz und quer durch das Solothurner Gäu konnten wir gerade richtig zur Mittagshitze den Aufstieg in Angriff nehmen, der schon gleich zu Anfang mit knackigen 10 Prozent begann. Dies war aber eher beruhigend, denn der Aufstieg wurde uns von Mathias beschrieben mit 600 Höhenmetern auf 6 km. Dann die Höhenmeter lieber gleichmässig verteilt als konzentriert auf überhängende Abschnitte! Und tatsächlich verharrte die Steigung plusminus bei 10 Prozent und belohnte uns bei einem Blick nach links auch immer wieder mit prächtigen Ausblicken auf das Mittelland und die Alpen. Auf dem letzten Kilometer kamen wir an drei Gaststätten vorbei (Vorder Balmberg: Siedfleisch mit Gurkensalat; Mittler Balmberg: Pommes Frites mit Appenzeller Bier; Kurhaus Oberbalmberg: eritreische Spezialitäten). Wir entschieden uns für Bier mit Fritten, was bedeutete, dass wir 80 soeben erquälte Höhenmeter wieder zurückerstatten mussten. Zu unserem Erstaunen gab es als Beilagen zu Fleisch wirklich nur Pommes Frites, aber bei 30 Grad im Schatten und noch verbleibenden 1’300 Höhenmetern machte uns das keine Sorgen, siehe Bild! Das Bier liessen wir dann sein, denn uns wurde von quaeldich.de eine technische Abfahrt nach Welschenrohr versprochen. Oben am Pass warnte ein Schild mit einem Gefälle von 25 % den Strassenbenützer. Wer gedacht hatte, dass diese 25 % von einem Praktikanten irgendwo in einer Kurvenmitte gemessen wurde, sah sich schnell eines Besseren belehrt. Es ging praktisch im freien Fall nach unten, und enge Haarnadeln mussten bei schwierigen Lichtverhältnissen im Wald auch noch verhandelt werden. Unten flachte es sich etwas aus, aber auch so vernichteten wir auf 2,7 Kilometern 400 Höhenmeter! Ein jeder strich sich diese Fahrt in umgekehrter Richtung gedanklich gleich mal von seiner To-Do-Liste. Für Martins Eintages-Vorderrad war diese Fahrt auch zu viel. Der Schmelzpunkt von Kohlenstoff liegt laut Wikipedia zwar bei 3’500 Grad Celsius, aber die linke Bremsflanke der teuren Carbonfolge zeigte eindeutig starke Verformungen. Das kommt davon, wenn man immer einseitig bremst! Röbi brachte den Skoda auch sicher ins Tal und empfahl uns für die Zukunft, bergab doch die Motorbremse zu nutzen. Ein weiser Rat!

Bei lästigem Gegenwind ging es dann weiter Richtung Gänsbrunnen. Als die Hauptstrasse endlich rechts nach Lee abbog, streckte Mathias die Hand nach links und schon ging es in die nächste Steigung. Schnurgerade ging es auf einem schmalen Strässchen an einer Felswand und einem Abhang vorbei Richtung Binzberg. Wir fragten uns, wie Röbi hier den Skoda am (allerdings äusserst spärlichen) Gegenverkehr vorbeibrachte. Nun, diese brenzlige Situation stellte sich gar nie ein, denn Röbi lenkte seinen Wagen zuversichtlich auf der Hauptstrasse Richtung Moutier und entfernte sich so langsam, aber sicher von unserer Route. Wir Radler liessen uns davon nicht beirren und rasten vom windigen Binzberg auf einem holprigen Strässchen Richtung Court. Unsere wilde Fahrt wurde in Malleray von Bauarbeitern jäh gestoppt. Trotz Martins Überredungsversuchen in bestem Französisch liessen uns die Jungs nicht durch und so ging es zurück auf den Radweg bis nach Pontenet. Hier beschloss Mathias, dass es wieder mal an der Zeit wäre, Röbi per Sprachanweisungen auf den richtigen Pfad zurückzuführen. Unser nächstes Ziel war Saules BE, S.A.U.L.E.S! Im Kanton B.E.R.N! Irgendwann klappte es dann doch und wir fanden Röbi in einem anderen kleinen Ort, so dass wir uns für die letzten 30 Kilometer noch einmal stärken konnten. Schon nach wenigen Kilometern hatte uns Röbi aber wieder verloren, denn er hatte die goldene Regel missachtet: Nimm bei einer Kreuzung jeweils die schmalste Strasse, welche unmittelbar in einen Aufstieg führt! So verpasste er und der mittlerweile beifahrende Toni ein weiteres Highlight der Tour, die Fahrt über Sornetan hinunter zu den wilden Gorges du Pichoux! Nach einer weiteren Klus, welche die Sorne durch die Falten des Juras geschnitten hatte, erreichten wir das liebliche Delsberger Becken, wo wir die letzten 10 Kilometer leicht abfallend ins Ziel Delémont schraubten. Im Hotel IBIS wurden wir vom freundlichen Personal herzlich empfangen, die Unterkunft bestens, nur die Umgebung machte einen etwas abgebrannten Eindruck. In der Delsberger Altstadt fanden wir ein tolles Restaurant, wo wir radlerfreundliche Speisen wie Pizza oder Tagliatelle vorfanden, und auch Schutz vor dem einsetzenden Regen.

Tag 2: Delémont – Lucelle –Glère – Goumois – Biaufond – Delémont

Der Regen hielt auch am nächsten Vormittag noch an und so wurden eifrig die verschiedensten Wetterradars konsultiert. Wir einigten uns schliesslich auf 10 Uhr als Abfahrtszeit, bei späterem Start würde es für die voraussichtlich 10 Stunden dauernde Tagestour (inklusive Pausen) nicht mehr vor dem Eindunkeln reichen. Die Wartezeit nutzte Mathias für einen kleinen Werbespot für die Planungs-App Komoot, auf welcher er die Routen allesamt geplant hatte. Das Outdoor-Abenteuer für heute verhiess uns eine schwere Tour über 152 Kilometern mit insgesamt 1,96 Kilometern losem Untergrund, welcher schwer zu befahren sei. Nun, was sind schon nicht einmal 2 Kilometer Gravel für uns auch auf dem Bike geübten Rennradler! So fuhren wir dann bei rechtzeitig aufhörendem Regen und nur anfangs feuchten Strassen zuversichtlich los. Gleich ging es bergauf zu einem kleinen Schloss, wo die befestigte Strasse in ein Natursträsschen überging. Dieses war aber problemlos zu befahren, einzig ein hellbrauner GT-Streifen auf den Rennhosen musste in Kauf genommen worden. Nach etwa 2 Kilometern (Komoot ist wirklich präzise!) erreichten wir wieder eine gute Strasse und so strebten wir zügig weiter Richtung des Grenzort Lucelle (unweit des legendären Pleigne!). Hier war es dann endgültig trocken und so ging es flott weiter durch die Ajoie via Courgenay nach Fontenais, wo schon der nächste Aufstieg auf uns wartete. Durch einen herrlichen Wald kletterten wir auf den Col de Montvoie, einen Pass mit den Prädikaten «molto pedalabile» und «senza traffico». Oben gabs einen kleinen Skilift mit bergseitiger Hütte, wo uns die lokale Spezialität Saucisse d’Ajoie mit Choucrute angeboten wurde. Wir lehnten dankend ab und rollten hinunter, über die Grenze (praktisch unbemerkt) zum Doubs nach Glère. Nach einem kurzen Blick in das Flüsschen, in dem sich unzählige Forellen tummelten, ging es auf der anderen Talseite gleich wieder rauf nach Indevillers. Hier kam wieder die goldene Regel zum Zug und wir schwenkten rechts auf ein schmales Jagdsträsschen durch einen stillen Wald. In einer Kurve verlangte Garmin überraschend, aber ultimativ piepsend die Geradeausfahrt, wo aber die vorher noch akzeptable Strasse in einen Waldweg überging. Nach einer abenteuerlichen Schrägfahrt (Röbi folgte uns auf dem Fuss) ging es dann aus dem Wald heraus auf eine Wiese, wo nur noch niedergedrückte Halme einen Weg andeuteten. Am Ende der Wiese dann endlich wieder ein Fahrweg, der es aber in sich hatte. Für ein Auto nicht befahrbar (Röbi kehrte zwangsläufig um), und schon nach wenigen Metern Fahrt klebte ekliger Schlamm an den Bremsen bis sich nichts mehr bewegte. Cul de sac! Somit absteigen und das Velo tragen! Nach einigen hundert Metern dann wieder Wiese, wo mit den verfügbaren Mitteln (Hände, Gras) der schlierige Dreck wieder notdürftig von Velo und Schuhplatten entfernt wurde. Nach einer weiteren Rüttelfahrt landeten wir dann auf einem Bauernhof (ein kleiner Hund, ein grosser Hund, kein Brunnen), von wo aus es dann wenigstens wieder eine feste Strasse hatte. Wir wurden komoot veräppelt! Ganz vorsichtig mit den verdreckten Reifen steuerten wir zum Grenzort Goumois, wieder hübsch gelegen am Doubs. Das örtliche Restaurant hatte die landestypische Auswahl an Speisen, so gab es dann sieben Mal Käseteller mit viel Brot und einmal Truite à la meunière mit viel Butter!

So gestärkt und eine Dreckspur beim Brunnen hinterlassend musste gleich wieder ein langer Aufstieg zum Col de la Vierge bewältigt werden. Nach einigen Gegensteigungen, einem Platten von Peters Vorderrad (Glassplitter!) und einer spektakulären Abfahrt inkl. einem verrückten Motorradfahrer (wir sahen ihn dann drei Kurven weiter im Strassengraben) fanden wir uns zum dritten Mal am Doubs wieder. Hier gab es einen lieblichen See mit vielen Schwänen, ein Restaurant (keine Zeit) und natürlich sofort wieder einen Aufstieg auf schmalen Strässchen nach Le Bois. Oben auf den Franches Montagnes gab es endlich wieder flache Abschnitte, aber dafür von Röbi und der Verpflegung keine Spur. Um nicht noch in einen Hungerast (Forelle hält weniger lange hin wie Käse) zu geraten, machten wir einen Stopover an der Tanke von Les Reussilles. Plötzlich wurden wir von einem Einheimischen angesprochen, der sich bei «RMV Uzwil» an Leo Schönenberger und viele andere Rennfahrer erinnerte. Es war Jocelyn Jolidon, als Sprinter Sieger unzähliger Kriterien und später Profi mit zwei kleineren Siegen. Er hatte sich kaum verändert und freute sich sehr über das zufällige Treffen. Bei Rund um Uzwil sei er dann mit seinem Team dabei, wir sollen ihn doch in Saignelégier in seinem Velogeschäft besuchen kommen!

Mit den gebunkerten Zuckermengen waren dann die letzten 30 Kilometer ein Kinderspiel, zumal es zum grössten Teil bergab ging. So waren wir noch rechtzeitig vor dem Eindunkeln im IBIS, wo bereits ein nicht mehr mehr zu ramponierender Kunstrasen, ein Gartenschlauch und eine Bürste auf uns wartete! Mit all der Putzerei wurde es recht spät bis wir in das erstbeste Restaurant steuerte, wo uns der Koch tatsächlich mit Spaghetti bolo versorgte.

Tag 3: Delémont – Scheltenpass –Brunnersberg –Tiefmatt –Sursee

Beste Velobedingungen herrschten schon am Morgen vor und so machten wir uns so rasch es ging auf Richtung Scheltenpass. Ein heimtückischer Pass, den wir extrem zügig bezwangen (Einzelankunft bei Röbi mit Martin N. als Erstem). Nach einer viel zu kurzen Abfahrt gleich wieder der Schwenk nach rechts in einen steilen Alpweg. Nach etwa einem Kilometer zwang ein Viehtor Röbi zum Umkehren, aber mit dem Rennrad kommt man ja überall durch und so kraxelten wir weiter. Hier wurde kein Meter Strasse verschenkt, und so ging es in der Falllinie auf eine Alp hinauf. Erstaunlicherweise war das Strässchen voller rolliger Steine, ich dachte die würden hier gleich von selbst ins Tal kullern. Völlig abgekämpft erreichten wir den Brunnersberg und stachen in eine wilde, 8 Kilometer lange Abfahrt nach Balsthal. Besonders verstörend war, dass hier ein Linienbus rauf fährt, zum Glück trafen wir nicht auf einen solchen! Platz zum Kreuzen war nämlich keiner vorhanden. In Balsthal zeigte ein Blick auf das Garmin-Höhenprofil das mittlerweile vertraute V, also gleich wieder eine Gegensteigung (moderat) nach Holderbank und dort rechts abgeschwenkt auf 10-20 % steile 2 Kilometer hoch aufs Höchmattchöpfli. Das blitzblank herausgeputzte Restaurant Tiefmatt zwang uns zum Absteigen. Die Servierdame, die Schwester von Susanne Kunz, fand schnell den richtigen Draht zu uns und so standen im Hui sieben dampfende Teller Pasta und ein Gurkensüppchen auf dem Tisch!

Jetzt war das Gröbste geschafft! Die Abfahrt nach Oberbuchsiten machte allen Spass ausser Peter, der in rasender Fahrt schon wieder einen Platten hatte, den er aber zum Glück problemlos aussteuern konnte. Die Strassen durch das Luzerner Hinterland führte uns an zahlreichen bekannten Ortschaften (Murgenthal, Pfaffnau, Schötz usw.) vorbei und über zwei giftige Steigungen nach Sursee, dem Ziel unserer Fahrt. Während es die einen extrem eilig hatten nach Hause zu kommen, genossen Martins, Mathias und Peter noch ein relativ kühles Bad im Sempachersee als Abschluss dieser ausserordentlich schönen Dreitagestour mit 350 Kilometern und 7’000 Höhenmetern.

Ein grosses Dankeschön an Mathias für die ganze Organisation und an Röbi für die Begleitung!

Nachfolgend noch eine Auswahl an Fotos, viel Spass!

Foto 1: Nach der schweisstreibenden Auffahrt zum Balmberg wurden die verbrannten Kalorien auf dem Mittler Balmberg schnell wieder mit knusprig Frittiertem nachgeladen

Foto 2: Diese herrliche Aussicht auf Mittelland und Alpen bot sich dem Radfahrer auf dem Balmberg, sofern er seinen Blick vom Vorbau bzw. den darauf befindlichen Gadgets abwandte

Foto 3: Das Schild oben auf dem Balmberg ist als durchschnittliches Gefälle zu interpretieren

Foto 4: Die übliche Spitzengruppe am Aufstieg zum Col de Montvoie (Foto von Mäci, daher nicht auf dem Bild)

Foto 5: In Glère waren wir, unsere Schuhe und unsere Velos noch sauber, aber nicht mehr lange! @Röbi: Daumen weg von der Linse 😉

Foto 6: Hier wird gerade ein neuer Sommersport erfunden, Gras-Rennvelofahren

Foto 7: Hier ist keine Strasse zu sehen, weil es keine hat! Cul de Sac! Bitte auch beachten, dass Conti den Grand Prix 5000 jetzt auch in dezent leuchtendem hellbraun im Sortiment hat

Foto 8: So präsentiert sich das Mittagessen ambitionierter Rennradler bei km 70 einer 152 km langen Tour…

Foto 9: Dieser Blick auf die Clos du Doubs zeigt unsere drei bevorzugten Höhenlagen: links auf 1’000 Meter, in der Mitte auf 500 und rechts wieder auf 1’000

Foto 10: Wie meistens hinterliessen wir in unserem Hotel einen bleibenden Eindruck. Die Brandruine im Hintergrund war aber nicht unsere Schuld.

Und hier noch die Zusammenfassung der Tour aus Strava: